Ein Fahrtraining auf einer Rennstrecke ist mit das beste Training für jeden
Fahrer, der sein Motorrad gerne sportlich auf befestigten Strassen bewegt. Aber
auch gemütlichere Fahrer können nur profitieren. Sicherheit kommt ja bekanntlich
durch Wiederholung. An einem Rennstreckentreining werden pro Tag die gleichen
10-15 Kurven etwa 50-80mal durchfahren und dies im Idealfall mit immer
zunehmender Geschwindigkeit. Wer nahe dem Limit schon "ziemlich" sicher
unterwegs ist, ist es mit mehr Reserve (insbesondere auf der Strasse) erst
recht.
Dies soll eine Wegleitung für Rennstreckenneulinge sein. Erfahrene
Racer kennen das alles und wissen auch, unter welchen Umständen man von welchen
erwähnten Tipps abweichen kann/soll.
[list=1][*]Was du vorher schon wissen solltest
[list][*][b]Die Gefahren[/b]
Rennfahrer fahren immer am Limit und nehmen
fast jederzeit einen Sturz in Kauf. Das sieht beim Einsteiger doch ein bisschen
anders aus. Es besteht kein Zwang, am Limit zu fahren, mit dem Knie zu schleifen
oder schwarze Striche aus den Kurven raus zu ziehen. Die Gefahr eines Sturzes
bestimmt somit der Fahrer zu 99% alleine. Die Gefahr von einem anderen Fahrer zu
Sturz gebracht zu werden ist natürlich immer vorhanden, aber sie dürfte wohl
kleiner sein als auf der Strasse, weil jeder einfach viel mehr Platz hat, extrem
konzentriert ist und alle in die gleiche Richtung fahren. Es gibt also keinen
Grund, sich von der Rennstrecke als solches zu fürchten.
[*][b]Das fahrerische Können[/b]
Du solltest dein Motorrad einigermassen im Griff haben. Bremsen,
Schalten und Gasgeben sollten automatisiert sein, denn du wirst dich auf andere
Dinge konzentrieren müssen. Du musst aber definitiv nicht der Schnellste auf den
Pässen sein!
[*][b]Die Wahl der Trainingsart bzw. der richtigen Gruppe[/b]
Immer
wieder ein beliebtes Thema. First things first: Schätze dich selber ein, sei
ehrlich zu dir selbst! Es gibt verschiedene Arten von Trainings.
Die einen
machen ein Sicherheitstraining auf der Rennstrecke (also mit konkreten Übungen
und z.B. Pylonen), sehr ähnlich zu anderen Fahrsicherheitstrainings, nur mit
etwas erhöhtem Tempo.
Andere machen sogenanntes freies Fahren in
leistungsgruppen. Die Einteilung in die Leistungsgruppen erfolgt hier nach
Selbsteinschätzung oder nach konkreter Rundenzeit, falls bekannt. Wie schnell
man für die einzelnen Gruppen sein sollte, hängt stark vom Veranstalter und von
der Strecke ab. Mein persönlicher Tipp für die etwas ambitionierteren
Sportfahrer ist, sich lieber in eine schnellere Gruppe einzeilen zu lassen. Denn
die schnellen Fahrer sind auf der Rennstrecke (im Unterschied zur Strasse) in
aller Regel die besseren Fahrer und wissen entsprechend, wie man sicher überholt
(siehe weiter unten), zudem profitiert man von schnellen Fahrern mehr als von
langsamen. Aber nochmals: sei ehrlich zu dir selbst!
[*][b]Die[/b]
[b]Instruktoren[/b]
Viele Veranstalter bieten zudem instruktorengeführte Fahrten in
der langsamsten Gruppe an. Meist fahren dann 5-8 Fahrer das Tempo des
Instruktors nach und nach jeder Runde wird die Reihenfolge gewechselt, sodass
jeder mal direkt hinter dem Instruktor fährt. Achtung: die Gruppe zu wechseln
ist aus organisatorischen Gründen meist nicht so einfach bzw. nicht möglich.
Daher zum dritten Mal: sei ehrlich zu dir selbst! Sei nicht zu bescheiden, es
könnte dich sehr viel Spass kosten, weil du u.U. nicht so sportlich fahren
kannst wie du es gerne möchtest. Man findet auch ohne Instruktor den Weg um den
Kurs. Instruktoren für einzelne Fahrer in einzelnen Sessions werden eher selten
angeboten bzw. sind dann kostenpflichtig. Je nach dem aber eine lohnende
Investition, auch für schnelle Fahrer.
[*][b]Der Ablauf[/b]
Für das Fahren in
Gruppen gilt grundsätzlich folgendes: Man fährt gemäss vom Veranstalter
definierten Zeitplan. Meist dauert eine Session für eine Gruppe 15-20min, danach
folgen die anderen Gruppen, du hast in der Zeit also 40-60min Pause. Diese
solltest du nutzen um dich mit anderen über Linienwahl, Tempogestaltung und
Gangwahl zu unterhalten. und natürlich um dich auszuruhen und zu verpflegen.
Nimm dir ein paar Müsliriegel o.ä. mit. Ein Mittagessen und Getränke kriegt man
meistens vor Ort.
[*][b]Das Motorrad[/b]
Ein Chopper ist definitiv nicht für die
Rennstrecke gemacht. Von Nakedbikes, Reisemaschinen oder Enduros ist alles
möglich um mal Rennluft zu schnuppern, wir wollen ja nicht gleich Rundenrekorde
erzielen. Das Motorrad sollte aber technisch in einwandfreiem Zustand sein, das
ist selbstverständlich. Koffer bitte abmontieren. Spiegel sollten vor Ort
zurückgeklappt oder abgeklebt werden, genau so sind alle Lichter und Blinker
abzukleben. Gedrosselte Maschinen sind sicher nicht ideal, aber nicht verboten.
Dafür ist es erlaubt, die Drosselung vorübergehend zu entfernen, auf der
Rennstrecke braucht man ja keine Strassenzulassung.
Einige Veranstalter
verlangen, dass die Ölablassschraube mit Dragt gegen das Verlieren gesichert ist
und die Kühlflüssigkeit durch destilliertes Wasser ersetzt wird. Erkundige dich
direkt beim Veranstalter.
[*][b]Die Bekleidung[/b]
Rennstreckenfahren heisst
Vollausstattung. Integralhelm (einige wenige Veranstalter lassen auch Klapphelme
zu), Lederkombi, am besten einteilig (zweiteilig mit Reissverschluss wird
meistens akzeptiert, in Ausnahmefällen sogar Goretex Kombis), gute Stiefel und
Handschuhe sowie ein Rückenpanzer sind vorgeschrieben. Erkundige dich beim
Veranstalter, was akzeptiert wird und was nicht.
[*][b]Die Reifen[/b]
Heutige
Strassenreifen haben eine enorme Performance und sind nicht sehr leicht ans
Limit zu bringen. Fürs erste Mal braucht man also nicht zwingend richtige
Rennreifen. Enduroreifen sind aber sicher nicht die richtige Wahl. Sportlichere
Reifen halten mehr Temperatur aus ohne zu rutschen, was sich an heissen
Nachmittagen gegen Ende der Session bemerkbar machen kann. Aber dafür ist schon
ein zügiges Tempo nötig. Als Faustregel kann man auf der Rennstrecke den Druck
gegenüber der Strasse vorne um ca. 0.2bar und hinten um ca. 0.4bar
absenken.
[*][b]Die Streckenwahl[/b]
Wohl am bekanntesten weil am nächsten zur
Schweiz ist Anneau du Rhin (AdR), von Basel aus in 40min zu erreichen.
Chenevières ist ein bisschen weiter, von der Grösse mit AdR zu vergleichen.
Beide Strecken sind für Anfänger sehr gut geeignet. Noch ein Stück weiter sind
dann Dijon, Bresse oder Hockenheim.
[*][b]Die Anfahrt[/b]
Grundsätzlich sollte
dir bewusst sein, dass das Fahren auf der Rennstrecke anstrengend ist. Nach 3h
Anfahrt hat nicht jeder noch genug Konzentration und Energie fürs Fahren auf der
Rennstrecke. Die Heimfahrt auf dem eigenen Motorrad ist am Ende des Tages erst
recht nicht sehr angenehm. Je nach Distanz und körperlicher Verfassung ist es
aber durchaus machbar. Überlege dir, vielleicht am Vortag anzureisen oder erst
am Tag darauf wieder heim zu fahren und such dir ein Hotel in Streckennähe.
Luxus ist natürlich ein Anhänger oder ein Transporter. Tu dich mit jemandem
zusammen und miete etwas.
[/list][*]Was du beim Fahren wissen solltest
[list][*][b]Die wichtigsten Verhaltensregeln[/b]
auf der Strecke beim Freien Fahren werden jedem Veranstalter in einem obligatorisches Fahrerbriefing
nochmal erwähnt.
[*][b]Blick nach vorne! [/b]
Schau nie zurück. Auch wenn du ein anderes Motorrad hinter dir hörst oder auf deinen Kumpel wartest. Der Hintermann hat IMMER auf den Vordermann Rücksicht zu nehmen, nicht umgekehrt. Ebenfalls
sollst du nicht auf den Tacho schauen. Klebe ihn allenfalls ab, wenn dein Blick
immer wieder zur Geschwindigkeitsanzeige schweift. Eine halbe Sekunde zu lang
geschaut, was dein Topspeed auf der Geraden ist, und du verpasst deinen
Bremspunkt um 30m und landest im Kies.
[*][b]Bleib auf deiner Linie! [/b]
Auch wenn
du weisst, dass dich ein anderer überholen möchte, versuch ihm nicht durch einen
Schwenker oder plötzliches Verlangsamen dabei zu helfen. Fahr so, wie du es
alleine tun würdest. Nochmal: Der Hintermann hat IMMER auf den Vordermann
Rücksicht zu nehmen, nicht umgekehrt. Schnelle Fahrer finden immer einen Weg
vorbei. Falls nicht, hat er auch nicht verdient dich zu
überholen.
[*][b]Linienwahl[/b]
Wie auf der Strasse, einfach extremer. Aussen
anbremsen, nach Hälfte der Kruve ganz innen sein, dann aufrichten, Gas geben und
nach aussen treiben lassen. Bei Kurvenkombinationen gibts natürlich Abweichungen
hiervon.
[*][b]Überholen[/b]
Bereite dein Manöver vor. Studiere deinen Gegner. Und
dann gilt: ganz oder gar nicht! Halbherzige Überholmanöver sind gefährlich. Zeig
dich deinem Gegner. Sobald er dich sieht, du die Nase somit vorn hast, wird er
dich nicht am Überholen hindern (zum dritten Mal: der Hintermann hat auf den
Vordermann Rücksicht zu nehmen), wir sind nicht in einem Rennen. Am sichersten
überholt man auf der Geraden. Entweder beim Beschleunigen oder beim Bremsen.
Beim Ausbeschleunigen immer INNEN (bezogen auf die aktuelle Kurve) vorbei, der
andere lässt sich ja nach aussen tragen und könnte dich so unbewusst abdrängen,
wenn er dich noch nicht sieht. Beim Ausbremsen ebenfalls INNEN (bezogen auf die
nächste Kurve) vorbei. Aussen ist der Weg weiter, der Gegner, der ja nach innen
schaut, sieht dich nicht, und falls er sich verbremst, treibt er dich u.U. nach
aussen ins Kies bzw. hindert dich am sauberen Einlenken.
[*][b]Überholt werden[/b]
Kann passieren. Erschreck dich nicht. Auch wenn es für dich knapp aussieht, reg
dich nicht auf, bleib locker, in aller Regel hat der Überholende alles unter
Kontrolle. Konzentrier dich lieber auf deine Fahrt.
[*][b]Schau auf die Streckenposten![/b]
Sie geben dir Flaggensignale (gelb, rot, weiss, blau, grün,
gelb-rot, schwerz-weiss kariert u.s.w) um dir wichtige Informationen
mitzuteilen, wie etwa dass die Session vorbei ist, dass sich jemand abseits der
Strecke befindent und deshalb etwas Tempo rausgenommen werden soll, oder dass
(wieder) freie Fahrt gilt.
[*][b]Tempogestaltung[/b]
Fahr dein Tempo! Hinter
deutlich langsameren Fahrern lernt man nichts. Und zu versuchen einem deutlich
schnelleren Fahrer nachzufahren könnte dich zu Sturz bringen. Faustregel: Der
Lerneffekt ist bei 95% des persönlichen Limits am grössten.
[*][b]Verhalten bei den wichtigsten Flaggen [/b]
[list][*]gelbe Flagge: Störung oder Hindernis auf/neben der Strecke. Augen auf, Reserve schaffen, Tempo rausnehmen, NICHT abrupt bremsen, Stelle sicher aber zügig passieren, nicht überholen. Kurzes Hand- oder Fusszeichen, damit der Hintermann aufmerksam wird, vielleicht hat er die Flagge ja nicht gesehen. Danach (z.T. schwenkt der nächste Posten dann die grüne Flagge) wieder Vollgas.
[*]rote Flagge: wie gelbe Flagge, zusätzlich Abbruch der Session. Runde fertig fahren und ins Fahrerlager zurück. Nicht bummeln! Vielleicht ist ein Fahrer verletzt und braucht ärztliche Hilfe. Diese fährt erst los, wenn kein Fahrer mehr auf der Strecke ist. Lass den Sturzpiloten also nicht unnötig warten.
[*]Schwarz-weisse Flagge: Session regulär zu Ende. Runde fertig fahren und ins Fahrerlager zurück. Vor dem Verlassen der Strecke Hand- oder Fusszeichen geben.
[/list][/list][*]Weiterführende Infos:
[size=14][/size]
[list][*]racing4fun.de - Sammlung
von Strecken, Veranstaltern, Terminen, grösste deutschsprachige Racing Community
mit viel Fachwissen
[*]Veranstalter, die nicht auf racing4fun.de gelistet
sind und Einsteigertrainings anbieten:
[list][*]Max Riedo
[*]Cornu
Masterschool
[*]Coulon
[*]Have-fun.ch
[*]Swissmoto/Swissnorton
[*]FM
Mannhard
[*]BMW Motorrad bzw. BMW Race Academy (inkl. günstiger Miete einer
S1000RR)
[*]Markenvertreter, man google z.B. Yamaha-Days, Honda-Days,
Motocenter Thun
[/list][/list]
[/list]
category3
- Quellenangaben
- Keine